Wie der jüngste massive Sprung des Yen zeigt, werden – mal wieder – die Carry Trades geschlossen. Offensichtlich hat die Bank of Japan sofort interveniert, denn eine weitere Aufwertung des Yen würde die ohnehin nun angeschlagene Wirtschaft aufgrund teurer werdender Exporte weiter belasten.
Es gibt ein Sprichwort das besagt: Sei vorsichtig was du dir wünschst – es könnte in Erfüllung gehen.
Nicht wenige Marktstrategen (Faber, Hendry, u.a.) rechnen damit, dass der Yen in nicht allzu ferner Zukunft eine markante und nachhaltige Abwertung erfahren wird, denn kein Staat auf diesem Planeten ist derart hoch verschuldet wie Japan (226% des BIP). Wenngleich der Staat vorrangig bei den eigenen Bürgern verschuldet ist (ca. 90%), so werden auch diese aufgrund der demografischen Entwicklung entsparen müssen und damit künftig eher als Verkäufer von Staatsanleihen auftreten. Aber wer möchte dann die japanischen Bonds haben, zumal diese eine völlig unattraktive Verzinsung bieten? Analog zu den USA kommt wohl nur noch die Zentralbank als Käufer in Frage…
Nicht ohne Grund hat Standard & Poor’s (S&P) Japan im Januar abgestuft. Nach der Prognose von S&P wird Japans Verschuldung 2050 bei 750% des BIP liegen. Aber es ist extrem unwahrscheinlich, dass es so weit kommen wird, denn dem Staat dürfte schon viel früher der Bankrott bevorstehen. Im zweiten Jahr in Folge hat die öffentliche Hand mehr Kredite aufgenommen, als Steuern eingenommen wurden. Dies wird irgendwann das Vertrauen unterminieren.
Robert Rethfeld von wellenreiter-invest schreibt: „Der japanische Staat hat die vergangene Dekade nur deshalb ohne Insolvenz überlebt, weil die Renditen extrem niedrig waren. Das aktuelle Ereignis könnte das Fass zum Überlaufen bringen. Ohne Zweifel wächst die Gefahr eines Renditeanstiegs für japanische Staatsanleihen. Die 10jährigen japanischen Staatsanleihen notierten am Freitag bei 1,27 Prozent. Ein Anstieg auf 2,5 Prozent oder mehr würde unweigerlich zu einer japanischen Staatsinsolvenz führen.“
Gestern musste Japan, als es sich fast 10 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt besorgt hat, für Anleihen mit einer Laufzeit von 20 Jahren schon 2,13% Zinsen bieten. So hoch war der Zinssatz zuletzt vor einem Jahr. Nach dem verheerenden Erdbeben wird Japan immenses Kapital für den Wiederaufbau benötigen und daher weitere Schulden aufnehmen müssen.
Ist die Schuldenkrise also sicher?
Blog-Autor Cullen Roche (http://pragcap.com) sieht keine Gefahr und weist – wie auch hinsichtlich den USA – darauf hin, dass Japan im Gegensatz zu Griechenland selbst die Währung ausgibt. „The truth is, Japan can never run out of Yen.“ Eine Schulden- bzw. Finanzierungskrise sei demnach gar nicht möglich. Denkbar sei eine Hyper-Inflation durch zu exzessive Yen-Ausgabe im Verhältnis zur Produktionskapazität, aber dies würde „eindeutig nicht passieren“. Japan kämpfe immer noch mit der Deflation. Als Belege für seine These führt er die weiterhin niedrigen Preise für Credit Default Swaps und die stabilen bzw. sogar gefallenen Anleihen-Zinsen an.
In der Tat sind einige Argumente Roches nicht von der Hand zu weisen. Doch womöglich ist einfach nur der Wendepunkt noch nicht final erreicht. Menschen tendieren dazu, Entwicklungen einfach in die Zukunft fortzuschreiben. Doch irgendwann bricht der Trend und die Marktteilnehmer finden sich plötzlich in einem völlig neuen Umfeld wieder. Man konnte dies erst im Dezember 2010 bei den US-Kommunalanleihen beobachten.
Uns erscheint es eher unwahrscheinlich, dass sich eine Deflation unbegrenzt lange hinzieht. Irgendwann ist er da, der „tipping point“, und dann geht oftmals alles sehr schnell. Es macht Sinn, sich das Jahr 2008 nochmals in Erinnerung zu rufen. Das Platzen der US-Immobilienblase wurde auch viel früher erwartet. Erste Mahner gab es schon Jahre zuvor. Doch wie so oft wählte der Markt den Weg des größten Schmerzes.
Japanische Aktien könnten übrigens von einer nachhaltigen Yen-Abwertung deutlich profitieren. Wenn sich die derzeitige Lage entspannt und sich kein nachhaltiger Schaden durch den Kernreaktor-Vorfall ergibt, könnte es Sinn machen, nach einem längerfristigen Investment in Japan zu schauen.