Wie bereits in früheren Beiträgen beschrieben, erscheint die Facebook-Aktie substanziell überwertet. Auch die Übernahme von WhatsApp ist recht teuer. Meine jahrelange Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, dass es „finanziell tödlich“ sein kann, zu früh aus fundamentalen Überlegungen heraus short zu gehen. Oder in den Worten Mises:
„Ich lernte, dass es an der Wall Street keine Weisheit mit mehr Wahrheitsgehalt gibt als jene, die irrtümlich John Maynard Keynes zugeschrieben wird: Die Märkte können länger irrational bleiben, als du solvent bleiben kannst.“
Warum sehe ich nun die Zeit für ein Short-Investment auf Facebook gekommen?
Zum Einen sind da die immer populärer werdenden Mesh-Netzwerke. Ich sehe eine Zukunft, in der eben nicht alle Menschen auf einer einzigen kommerziellen Plattform wie Facebook kommunizieren, sondern sich eher spontane unabhängige Netzwerke bilden. Apps wie FireChat könnten sogar ganz grundsätzlich das Internet in seiner Bedeutung schwächen.
Zudem ist es keineswegs gewiss, dass Facebook der Platzhirsch bleibt. Newcomer wie Ello werden zwar regelmäßig „mitleidig belächelt“, doch warum sollte es Facebook nicht ähnlich ergehen können wie einst Yahoo – die von Google verdrängt wurde, obwohl Yahoo eine dominierende Position im Bereich Web-Suche inne hatte.
Und es besteht auch die nicht zu unterschätzende Möglichkeit, dass sich ein nachhaltiger Trend des „No-digital“ entwickelt. Schon jetzt nehmen immer wieder bekannte Persönlichkeiten digitale Auszeiten. Persönlich erwarte ich, dass sich User immer weniger auf Facebook aufhalten werden. Die Bindungskraft lässt spürbar nach, nicht wenige sind der Timeline überdrüssig, andere nutzen immer mehr den Facebook-Messenger statt des eigentlichen Dienstes. Facebook bindet somit zwar die User an seine Tools, doch die investierte Zeit pro User nimmt ab.
Das gewichtigste „Bären-Argument“ bleibt jedoch, dass Vertrieb über bzw. Werbung auf Facebook wenig effektiv zu sein scheint und das Geschäftsmodell zwingend zu Interessenkonflikten führt. Und wenn die ersten Websites dazu übergehen, den Like-Button und andere Tracker wieder zu entfernen, geht Facebook ein immens wichtiges Analyseinstrument und Verkaufsargument sukzessive verloren.
Ich nehme an, dass Facebook in den nächsten Monaten über stagnierende Nutzerzahlen berichten wird. Enttäuschende Geschäftszahlen werden ab dem kommenden Jahr folgen. Aus meiner Sicht kann man eine erste Short-Position wagen. Das weitere Kurspotenzial nach oben erscheint begrenzt, auch wenn ein weiteres Allzeithoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann (Kurs akt. 77,42 USD).