Aufgrund des derzeit niedrigen Zinsniveaus ist ein Investment in eine Immobilie äußerst verlockend. Fast ist man geneigt, mit hohem Fremdkapitalanteil zu finanzieren, denn „die Inflation wird ja die Schulden entwerten“. Und Immobilien überdauern als klassischer Sachwert jede Währungskrise. Offensichtlich denken nicht wenige Anleger so, denn die Immobilienpreise in Deutschland haben bereits stark angezogen.
Beim Immobilienkauf gibt es bekanntlich drei wichtige Kriterien: Lage, Lage, Lage. Dass an diesem Bonmot etwas dran ist, zeigt sich daran, dass sich in manchen Teilen Deutschlands aufgrund des demografischen und strukturellen Wandels für Immobilien überhaupt keine Käufer mehr finden. Allerdings muss auch konstatiert werden, dass Immobilien in guten Lagen inzwischen pauschal als überteuert bezeichnet werden dürfen. Wer zu diesen Preisen kauft, geht ein nicht unwesentliches Preis-Risiko ein. Doch es schlummern noch weitere Gefahren für Immobilien-Investoren.
Simon Betschinger schreibt heute in seinem Blog: „Bei 126.000€ Jahreseinkommen werden nach dem Abgabenrechner des Bundesfinanzministeriums Steuern in Höhe 47.209,14 Euro fällig. Es verbleiben monatlich 6.566 Euro Nettoeinkommen. Die FAZ hat letzte Woche vorgerechnet, dass nur 1% aller Deutschen monatlich über ein solches oder höheres Einkommen verfügt. Das ist eine Menge Geld, aber nicht genug, um in guter Gegend ein schönes Haus auf großem Grundstück bauen zu können. Wenn dieser ursprünglichste aller Familienträume selbst den einkommensstärksten Deutschen verwehrt ist, dann spiegelt sich darin eine tiefe Generationen- und Klassenungerechtigkeit wider. Wer bei Null anfängt, hat selbst in exponierten Berufen nur schwer die Möglichkeit in noch jungen Jahren zu einem klassischen Wohlstandsbild zu gelangen.“
Auf einen ähnlichen Vorgang weist Markus Gärtner in seinem Blog hin. Er schreibt, dass in Vancouver (Kanada) Chinesen in ganzen Gruppen aus den Fliegern aussteigen, „die mit Säcken voller Bargeld […] nur eines im Sinn haben: Buy, as fast as you can, on all terms.“ Weiter: „Die himmelstürmenden Preise fangen an, für die Einheimischen ein Problem zu werden: Denn junge Menschen können sich Häuser zu einem Durchschnittspreis von 820.000 Kanada-Dollar […] nicht mehr leisten, ganz zu schweigen von den astronomischen Immobiliensteuern, die der Besitz nach sich zieht. In Hong Kong hat dies bereits zu größeren Demonstrationen geführt. In Vancouver geht das auch bald los.“
Dies sollte zu denken geben. Wenn wir global immer offensichtlicher eine wachsende Wohlstands-Schere sehen, wird es früher oder später dazu kommen, dass die Wohlhabenden verstärkt zur Kasse gebeten werden. Und dies dürfte insbesondere Immobilien-Eigentümer treffen. Hierzulande wird bereits darüber diskutiert, ob der aktuell stattfindende Zensus nicht in Wirklichkeit dazu dient, die Einführung einer Sonder-Abgabe in Form einer Zwangshypothek vorzubereiten. Zur Erinnerung: Bereits 1923 und 1948 gab es staatliche Zwangshypotheken in Deutschland. Dabei wird eine Grundschuld zugunsten des Staates in die Grundbücher eingetragen, Immobilienbesitzer somit zwangsweise verschuldet und ihnen die Rückführung aufgezwungen.
Ausschließen sollte man einen solchen Vorgang sicher nicht. Und sollten die Diskussionen um Staatspleiten etc. zu einer nachhaltigen Zinswende führen, so dürfte auch dies negativ auf Immobilien-Investoren rückwirken. Wer variabel finanziert hat, sieht sich dann womöglich gezwungen, wieder zu verkaufen, was die Preise allgemein drücken könnte – siehe die anhaltend negativen Entwicklungen am US-Immobilienmarkt. Und auch wer einen festen Darlehenszins vereinbart hat, wird womöglich in der Zukunft eine Anschlussfinanzierung zu ungünstigeren Konditionen vornehmen müssen. Zudem erhöhen sich mit steigenden Zinsen die Opportunitätskosten: Warum eine Immobilie halten mit 3% Mietrendite (aktuelles Durchschnittsniveau), wenn man auf dem Sparbuch dann womöglich 5% bei signifikant höherer Liquidität bekommen kann? In einer Phase hoher Inflation wird zudem die Teuerung die Möglichkeit, die Mieten anzuheben, deutlich übersteigen. Real sinkt demnach der Mietertrag. Neben dem haben nicht selbst genutzte Immobilien weitere Risiken (Leerstand, Mietnomaden, unerkannte Baumängel, etc.).
Zuletzt: Wer Immobilien allein als Inflationsschutz kauft, ist im weitesten Sinne ein Spekulant. Es ist keineswegs sicher, dass wir eine nachhaltige Phase hoher Inflation erleben werden. Und selbst wenn, so dürfte eine solche die Gesamtwirtschaft massiv belasten. Es wäre daher durchaus vorstellbar, dass Preise für Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs stark steigen, Immobilienpreise aber fallen, da eben immer größeren Bevölkerungsanteilen Kaufkraft entzogen wird. Genau das beschreibt Gonzalo Lira in seinem Beitrag ‚Inflation, Hyperinflation and Real Estate‘.
Wie sicher wären Ihre Einnahmen im Falle einer nachhaltig hohen Inflation? Könnten Sie womöglich selbst unter finanziellen Druck bzw. in eine Zwangssituation geraten?
FAZIT: Immobilien primär als Inflationsschutz zu erwerben, ist keine sinnvolle Strategie.