Seit geraumer Zeit beschäftigt mich ein Gedanke. Ich verfolge sehr intensiv verschiedene Technologien und habe den Eindruck, dass in sehr vielen Bereichen „Durchbrüche“ stattfinden, die seit Jahrzehnten stabile Branchen völlig „durchrütteln“ werden. Schumpeter würde hier womöglich von „kreativer Zerstörung“ sprechen.
Per se ist das eine positive und notwendige Entwicklung. Doch wie mir scheint gehen viele dieser Entwicklungen zu schnell. Zu schnell für unsere Sozialsysteme. Zu schnell für unsere Arbeitsmärkte. Zu schnell für weite Teile der Bevölkerung, die „nicht mehr mithalten“ können. Zu schnell, dass sich vorherige Investitionen noch amortisieren könnten. Und das wird nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung einen „starken Dämpfer“, eine Gegenbewegung hervorrufen. Es wird zu erheblich steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Investitionen unrentabel werden lassen.
Strukturwandel hat es immer gegeben, Jobs verloren auch früher schon ihre Relevanz. Doch dies ging noch nie so schnell wie heute vor sich. Jobs werden wesentlich schneller vernichtet, als neue entstehen, es gibt Schätzungen wonach rund die Hälfte aller Jobs vor dem Aus stehen. Welche Folgen dies auf die Sozialsysteme, Staatsfinanzen und insbesondere auf die Stabilität unserer Gesellschaft hat, kann man sich leicht vorstellen. Die Folgen einer weiter steigenden Kluft zwischen Arm und Reich habe ich hier beschrieben.
Diese Erkenntnis ist in der globalen Politik leider immer noch nicht angekommen, denn überall versuchen die Regierungen eher, über Währungsabwertungen und Handelsbeschränkungen Vorteile zulasten anderer Staaten zu gewinnen um damit den eigenen Arbeitsmarkt und die eigene Wirtschaft zu stärken. Dies funktioniert jedoch nicht, da das Problem nicht primär in niedrigeren Human-Kosten, sondern in sinkenden Produktionskosten und gesättigten Märkten liegt. Und ich habe den Verdacht, dass die zunehmende Durchdringung energieeffizienter Technologien bei gleichzeitiger Erhöhung der Energieproduktion durch Solaranlagen u.a. auch die Energiekosten dauerhaft senken wird (das könnte jedoch durch einen neuerlichen „Weltkrieg“ anders kommen), womit die Produktionskosten noch weiter sinken würden. Die Ironie ist dabei, dass dadurch noch weniger Menschen zur Arbeit gebraucht werden und damit – schon rein technisch bedingt – die Arbeitslosigkeit noch weiter steigt.
Beschleunigt wird dieser Trend durch die globale Nullzinspolitik. Sie treibt Technologie voran und wertet menschliche Arbeit ab. Sie ist wie Adrenalin. Und wie wir wissen, führt zu viel Adrenalin zu Herzrasen und womöglich sogar zum Infarkt. Die Nullzinspolitik leitet Kapital aus einem „Anlagenotstand“ heraus in immer riskantere Anlagen. Die Börsen werden womöglich bald ihre Aufwärtstrend noch weiter verschärfen, wobei ich denke, dass sich das eher in den USA und Asien vollziehen und Kapital aus Europa ein wesentlicher Treiber sein wird.
Dies ist ein „Cocktail“, der binnen weniger Jahre zu dramatischen und sehr schnellen Umbrüchen führen wird. Vielleicht ist Ihnen das Phänomen der Interferenz bekannt. Aus meiner Sicht erzeugt die globale Nullzinspolitik eine gefährliche Synchronisation von wirtschaftlichen Entwicklungen. Durch die Globalisierung erscheinen alle Märkte (womöglich abgesehen von kleinen afrikanischen Märkten) immer stärker positiv korrelierend und wir sind mehr denn je anfällig für systemische Krisen. Daher wird die nächste Krise vermutlich wesentlich heftiger als jene in 2008, deren psychologische Basis meines Erachtens ohnehin nie ausreichend untersucht wurde. Die Reaktionen von Notenbanken und Politik werden dann womöglich noch extremer ausfallen. Und „mehr Adrenalin“ könnte dann den Patienten „umbringen“…
In diesem Kontext möchte ich Ihnen nochmals meinen Beitrag „Kaufkraftschutz in Zeiten von Anlagenotstand und Finanzrepression“ zur Lektüre empfehlen. Es ist Zeit für ein neues Denken. Und Handeln!